Einen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens G haben auch Schwerbehinderte, die keines der in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Regelbeispiele erfüllen, aber über entsprechende Einschränkungen des Gehvermögens verfügen.
Merkzeichen G   erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr   Regelbeispiele nicht abscließend
Die Beteiligten streiten (noch) über die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Der 1959 geborene Kläger, der von Beruf Altenpfleger ist und der eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit erhält, beantragte am 1.8.2012 einen höheren Grad der Behinderung als 50 und die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Mit Bescheid vom 28.1.2013 lehnte es die Beklagte ab, einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 50 und das Merkzeichen "G" festzustellen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 19.12.2013 bei dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben mit dem ursprünglichen Ziel, dass ein höherer Grad der Behinderung als 50 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festgestellt wird, weil er unter Berücksichtigung seiner Erkrankung an der Wirbelsäule nur wenige Meter am Stück ohne Schmerzen gehen könne.
Das Sozialgericht hat zunächst die Einholung eines orthopädischen Gutachtens beabsichtigt. Nach Einwänden des Klägers dagegen hat am 17.8.2015 ein Erörterungstermin stattgefunden. Im Ergebnis erfolgte dann eine neurochirurgische Begutachtung durch Dr. I gem. § 106 SGG.
Der Kläger berichtete dem gerichtlichen Sachverständigen, dass er aktuell an Kopf- und Nackenschmerzen sowie an Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule leide. Zusätzlich habe er auch Probleme mit den Kniegelenken sowie Beschwerden im Bereich des lumbagosakralen Überganges mit Ausstrahlung über beide Gesäßhälften bis in die Rückseite der Oberschenkel sowie Beschwerden der Kniegelenke. Bewegung, Herumlaufen und das Ausruhen würden eine Linderung bringen. Die Kniebeschwerden hätten etwa im Alter von 19 oder 20 Jahren begonnen, wenig später, etwa mit 20, sei es auch mit der Wirbelsäule losgegangen. Spätestens nach einer Gehstrecke von 400 m müsse er sich hinsetzen und eine Pause einlegen.
Der Gutachter beschrieb, das Aus- und Anziehen der Kleidung für die verschiedenen Untersuchungen sei zügig geschehen, mit den üblichen Handlungsabläufen und ohne erkennbare Schonhaltungen oder Mindergebrauch einer Extremität. Bei der allgemein-körperlichen Untersuchung sei die physiologische Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken nicht erkennbar pathologisch eingeschränkt gewesen, Bewegungen seien als endgradig schmerzhaft angegeben worden, es seien keine Gelenkschwellungen oder Rötungen erkennbar gewesen, die peripheren Pulse allseits tastbar. Bei Beklopfen und Betasten von Nacken, Schultern und Rücken sei keine Angabe vermehrter Klopfschmerzhaftigkeit erfolgt, bei der Prüfung der groben Kraft und den Arm- und Beinvorhalteversuchen hätten keine Hinweise für Lähmungen bestanden. Das Gangbild sei flüssig, mit harmonischen Bewegungsabläufen und normalem Mitschwingen der Arme, der Romberg-Versuch regelrecht ausgeführt worden. In der bildgebenden Diagnostik habe er einen konstitutionell engen Spinalkanal im Bereich der Lendenwirbelsäule erkennen können; im Segment LWK 4/5 habe die geringste Weite des Spinalkanals unter 7 mm betragen. Damit liege definitionsgemäß eine absolute Spinalkanalstenose vor. Im Segment HWK 6/7 sei der Spinalkanal geringfügig eingeengt. Ärztlich dokumentiert seien Polyneuropathie mit Betonung der unteren Extremitäten, chronische somatoforme Schmerzstörung, degenerative Gelenkveränderungen an unterschiedlichen Lokalisationen. Bei der allgemein-körperlichen Untersuchung seien keine manifesten Bewegungseinschränkungen gefunden worden. Bei der neurologischen Untersuchung sei als ein auffälliger Befund die Reduktion der Vibrationsempfindung gefunden worden, der übrige neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. Ein Hinweis auf Schädigung sensibel-afferenter Nervenfasern bzw. -bahnen aus allen vier Extremitäten läge nicht vor, allerdings liege eine Reduktion der motorischen, aber auch der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit insbesondere im Bereich der unteren Extremitäten vor. Der Gutachter diagnostizierte eine axonale-demyelinisierende Polyneuropathie, zervikale Spinalkanalstenose, lumbale Spinalkanalstenose, ISG-Blockade sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Der in beiden gutachterlichen Untersuchungsterminen geschilderte Beschwerdekomplex habe hauptsächlich in Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule bestanden, gleichermaßen im Bereich der Lenden- wie auch im Bereich der Halswirbelsäule. Zusätzlich seien Schmerzen der Kniegelenke und der Daumensattelgelenke angegeben worden. Der Gutachter erläuterte, dass es bei Schmerzangaben ganz grundsätzlich schwierig sei, vorgetragene Beschwerden zu objektivieren. Dabei bleibe in der Hauptsache die Verhaltensbeobachtung im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung. Zum ersten Untersuchungstermin seien die geplanten Zusatzuntersuchungen seitens des Klägers abgebrochen worden. Die Bildgebung habe degenerative Veränderungen in verschiedenen Skelettabschnitten ergeben. Die vom Kläger geschilderte Symptomatik mit Schmerzen im Bereich des Überganges von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein sowie die Beschwerden in beiden Oberschenkelrückseiten seien mit dem bildmorphologischen Befund nur partiell in Übereinstimmung zu bringen. Die geometrische Veränderung der zwischen LWK 4 und 5 gelegenen Bandscheibe im Wechsel vom Liegen zum Stehen mit einer in stehender Position zusätzlichen Einengung führe zwar grundsätzlich zu einer Veränderung, die nicht alterstypisch wäre, dennoch seien die vom Kläger angegebenen Schmerzen im Bereich der Beine auch bei Belastung nicht dem zugehörigen Segment zuzuordnen. Eine Spinalkanalstenose im Bereich der Halswirbelsäule finde sich bildmorphologisch zwar bestätigt, klinische Hinweise auf eine Myelopathie - dabei handele es sich um eine klinische Diagnose mit Nachweis der Schädigung auf- und absteigender Rückenmarksbahnen - oder eine Reizsymptomatik von im Halsbereich austretenden Nervenwurzeln fehlten. Insbesondere fänden sich keine Einschränkungen der Willkürmotorik unterhalb der Läsion. Ebenso fehlten klinische Hinweise für eine Instabilität. Es sei davon auszugehen, dass die Nervenschädigung nicht hochgradig sei. Es werde von Schmerzen in den Beinen nach einer Gehstrecke von wenigen Metern berichtet, in der klinischen Beobachtung sei diese Symptomatik aktuell aber nicht zum Tragen gekommen. Insgesamt würde sich die vom Kläger thematisierte Beschwerdesymptomatik nicht in allen Facetten objektivieren oder im Rahmen der Verhaltensbeobachtung belegen lassen. Am ehesten sei von einer Kombination psychogener und somatischer Faktoren auszugehen, die die Beschwerdeschilderung plausibel machten. Um die Beschwerden insgesamt unter einem Begriff zusammenzufassen, könne der Begriff der "anhaltenden somatoformen Schmerzstörung" herangezogen werden.
Der Gutachter schlug folgende Einzelbewertungen vor:
Spinalkanalstenose mit (mittelgradig bis schweren) Funktionsbeeinträchtigungen in 2 Wirbelsäulenabschnitten 30-40
somatoforme Schmerzstörung 30-40
Bewegungseinschränkung im Kniegelenk beiderseits 10-20
Urge-Inkontinenz Grad I 0-10
Hochtonschwerhörigkeit (C4-Senke) ( 10
Tinnitus ( 10
Das in der Hauptsache betroffene Funktionssystem sei das der Beine. Es komme zu einem funktionell additiven Effekt der Arthropathie und der Polyneuropathie. Hierfür schlug der Gutachter einen GdB von 30 vor. Nervensystem und Psyche seien, soweit dies aus neurochirurgisch-schmerzmedizinischer Sicht beurteilt werden könne, als System mit einem GdB von 30 betroffen. Der Gutachter bildete daraus einen Gesamt-GdB von 60. Das System Rumpf sei aus seiner Sicht nicht zusätzlich zu berücksichtigen, da die Schmerzsymptomatik mit der Definition der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bereits erfasst und abgebildet sei.
Der Kläger selbst habe angegeben, dass er nach einer Gehstrecke von längstens 400 m Beschwerden bekomme. Allerdings lasse sich die Entfernungsangabe von 400 m nicht objektivieren. Der Kläger sei sicherlich durch Schmerzen in vielerlei Hinsicht eingeschränkt, dennoch sei aus gutachterlicher Sicht eine Fortbewegung in der Ebene unter ortsüblichen Bedingungen in einer deutlich größeren Distanz möglich als dies vom Kläger wahrgenommen werde. Insofern ergebe sich gegenüber dem Bescheid vom 28.1.2013 keine Änderung hinsichtlich des Nachteilsausgleiches "G". In der Untersuchung sei der Kläger in der Lage gewesen, durchaus weitere Gehstrecken von etwa 350 m mit einer leichten Steigung zurückzulegen. Es bestünden keine Behinderungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die einen GdB von 50 oder mehr bedingen würden.
Nach Kenntnisnahme dieses Gutachtens teilte die Beklagte mit, dass nach Teil D Nr. 1b) der Anl. zu § 2 VersMedV (VMG) die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer Einschränkung des Gehvermögens als nicht erfüllt angesehen werden könnten, da beim behinderten Menschen eine Funktionsstörung vorliegen müsse, die sich auf die Gehfähigkeit auswirke. Dies sei gegeben, wenn Funktionsstörungen der unteren Gliedmaße bzw. der Lendenwirbelsäule bestehen würden, die für sich einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 bedingen würden. Bei einem niedrigeren Grad der Behinderung an den unteren Gliedmaßen könnten diese Voraussetzungen dann gegeben sein, wenn sich die Teilbehinderungen auf die Gehfähigkeit besonders auswirken. Dies sei etwa möglich bei Versteifung des Hüft-, Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung oder bei einer arteriellen Verschlusskrankheit mit einem Grad der Behinderung von 40. Der Einzel-GdB für die Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule sei mit 30 bis 40 festgestellt worden, so dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens "G" nicht vorliegen würden.
Der Kläger hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht dargelegt, schmerzbedingt sei er nur in der Lage, ca. 30 Meter zu gehen. Danach gehe er trotz der Schmerzen weiter, damit er sich seine Gehfähigkeit erhalte. Durch die bei ihm auftretenden Taubheitsgefühle, die sich bereits nach kurzer Zeit in den Beinen einstellen würden, bestünde ein hohes Sturzrisiko. In diesem Verhandlungstermin haben sich die Beteiligten dahingehend geeinigt, dass bei dem Kläger ab November 2015 von einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 auszugehen ist; dies hat die Beklagte mit Bescheid vom 27.3.2017 umgesetzt.
Mit Urteil vom 20.5.2016 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Beklagte verpflichtet, ab November 2015 das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" anzuerkennen. Der Kläger sei gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und Teil D Nr. 1 Buchst. b VMG infolge einer Einschränkung des Gehvermögens in seiner Beweglichkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt. Der Gutachter habe auf die Spinalkanalstenose mit Funktionsbeeinträchtigungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten und eine somatoforme Schmerzstörung hingewiesen. Sofern dieser Sachverständige die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" verneine, weil der Kläger in der Begutachtungssituation noch in der Lage gewesen sei, 350 m zurückzulegen, folge die Kammer dem Gutachter nicht. Auch der Gutachter habe eingeräumt, dass der Kläger unter erheblichen Schmerzen leide, die ihn bei seiner Fortbewegung hindern würden. Der Gutachter habe darauf hingewiesen, dass es Aufgabe der Kammer sei zu entscheiden, ob damit eine Fortbewegung im Rahmen ortsüblicher Wegstrecken noch möglich sei. Die Kammer hat dazu auf eine Entscheidung des LSG NRW vom 16.10.2013, Az. L 10 SB 154/12 Bezug genommen. Die Kammer habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung den nachhaltigen Eindruck gewonnen, dass die vom Kläger erlittenen Schmerzen derartig massiv seien, dass er tatsächlich an einer angemessenen Gehleistung gehindert und nur unter starken Schmerzen überhaupt noch in der Lage sei, entsprechende Wege zurückzulegen. Ein Regelfall für das Merkzeichen "G" liege zwar nicht vor, dass sei allerdings auch nicht erforderlich. Es werde auf die Generalklausel in § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zurückgegriffen.
Gegen das der Beklagten am 20.6.2016 zugestellte Urteil hat diese am 4.7.2016 - zunächst fristwahrend - bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht die Beklagte sich allein auf ihre Versorgungsmedizinischen Stellungnahmen. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger weder in Bezug auf die Einschränkung von Seiten des Bewegungsapparates noch in Bezug auf psychisch bedingte funktionelle Körperbeschwerden so eingeschränkt sei, dass er eine Wegstrecke von 2 km nicht mehr in 30 Minuten zurückzulegen könne. Der Gutachter habe ein Gangbild mit harmonischen Bewegungsabläufen beschrieben, in psychischer Hinsicht eine deutliche Neigung zur Beschwerdeverdeutlichung. Die vom Kläger beschriebenen Schmerzen bereits nach einer kurzen Gehstrecke seien bei der klinischen Beobachtung nicht zum Tragen gekommen.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Hausarzt Dr. D, bei welchem der Kläger seit 2003 in Behandlung ist, berichtete u.a. von Rückenschmerzen, Kniegelenksschmerzen, Beinmissempfindungen und Schwindel. Seit August 2012 bestünden Verschlechterungen des Zustandes. Der Kläger sei in seiner Mobilität eingeschränkt, die Einschätzung des Ausmaßes der Einschränkung bliebe aber einem Gutachten vorbehalten. Der Orthopäde Dr. M, bei welchem der Kläger seit 1995 in Behandlung ist, berichtete von durchschnittlich einer Behandlung pro Jahr. Es bestünden Beschwerden in allen Gelenkabschnitten und Wirbelsäulenabschnitten aufgrund degenerativer Veränderungen. Zu einer Einschränkung der Gehfähigkeit könne er keine Einschätzung abgeben. Prof. Hefter verwies auf seinen Bericht aus dem Jahr 2014, wonach mehrere Faktoren zu einer Verminderung der Wegstrecke beitrügen: Hypokäliämie, Spinalkanalstenose und ganz extrem auch die Spinalkanalstenose auf zervikalem Niveau wegen des Myelopathiesignals.
Das Landessozialgericht hat ferner ein orthopädisches Gutachten von Dr. W eingeholt. Der Kläger berichtete gegenüber dem Gutachter, dass er umfangreiche konservative Therapien hinter sich habe, die Laufleistung sei immer geringer geworden. Er könne jetzt noch ca. 200 m Strecke gehen. Nie sei er ohne Schmerzen. Sowohl die Lendenwirbelsäule als auch die Halswirbelsäule schmerzten. Der Schmerz strahle auch in die Beine aus. Die Beine würden erst schwer, dann taub. Er habe seinen Alltag so organisiert, dass er stets nur kurze Wegstrecken zurücklegen müsse. Der Gutachter berichtete, dass das Gangbild innerhalb der Praxis unauffällig gewesen sei. Das Konfektionsschuhwerk ohne Einlagen habe seitengleich hinten außen etwas vermehrte Abnutzungserscheinungen gezeigt. Bei der Funktionsprüfung habe sich in allen Bewegungsrichtungen frühzeitig eine muskuläre Abwehrspannung entwickelt. Im Stand seien die Schwingungen der Brust- und Lendenwirbelsäule normal entwickelt. Die Entfaltung beim Vorneigen erfolgte an der Brustwirbelsäule überhaupt nicht, an der Lendenwirbelsäule deutlich eingeschränkt. Mit einem minimalen Fingerbodenabstand von 58 cm habe der Kläger mit Schmerzangaben eine ungewöhnlich ausgeprägte Einschränkung der Vorneigefähigkeit demonstriert. Ein mäßig ausgeprägter Druckschmerz sei beidseits vom 3.-5. Lendenwirbelkörper, über den Dornfortsätzen vom 2. bis zum letzten Lendenwirbelkörper angegeben worden. Beide Hüftgelenke hätten frei bewegt werden können. Endgradig habe der Kläger bei allen Bewegungen über Schmerzen an der Lendenwirbelsäule geklagt. Die Beweglichkeit beider Kniegelenke entspreche der Altersnorm. Der beidfüßige Zehenspitzenstand sei noch zügig vorgeführt worden. Der einfüßige Zehenspitzenstand sei nur angedeutet mit zitternden Bewegungen des jeweils nicht belasteten Beines möglich gewesen. Eine Kniebeuge habe der Kläger mit Hinweis auf Schmerzen in den Kniegelenken bei ca. 90 Grad Beugung abgebrochen. Eine herabgesetzte Berührungsempfindlichkeit sei auf der Innenseite und entlang der Schienbeinkante des linken Unterschenkels, zwischen dem Großzeh und dem 2. Zeh beidseits und an allen Zehenkuppen des 1. Bis 4. Zehs beidseits angegeben worden. Die Muskeleigenreflexe seien normal auslösbar gewesen. Im Langsitz habe der Kläger seine ausgestreckten Finger den Zehen bis auf 11 cm annähern können. Dr. W stellte folgende Diagnosen: wiederkehrende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei Bandscheibenvorfall zwischen 5. und 6. Halswirbelkörper mit zusätzlicher knöcherner Einengung des Wirbelkanales, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule auf dem Boden ausgedehnter knöcherner Verschleißerscheinungen, betont in den untersten Bewegungssegmenten mit hochgradiger Einengung des Wirbelkanales auf Höhe des 4. und 5. Lendenwirbelkörpers, schmerzhafte Minderbelastbarkeit beider Kniegelenke bei kernspintomographischem Nachweis eines Innenmeniskus-Risses links mit fortgeschrittenen Knorpelschäden im Kniescheibengelenk, deutliche Knorpelschäden rechts bei Zustand nach Innenmeniskus-Teilentfernung, depressive Störung, Somatisierungsstörung, Migräne, Spannungskopfschmerz, Tinnitus, Bluthochdruck, chronische Entzündung der Vorsteherdrüse, gesicherte chronische Nervenschädigung im Bereich der Extremitäten mit Einschränkungen der Feinmotorik und gestörter Berührungsempfindlichkeit, gering bis allenfalls mäßig ausgeprägte Verschleißkrankheit beider Daumensattelgelenke, Altersweitsichtigkeit, Stabsichtigkeit, Glaskörpertrübung, eingeschränkte Sehschärfe auch mit Brillen-Korrektur. Bei dem Kläger seien durch eine außergewöhnliche Vielzahl von Untersuchungen im wesentlichen unveränderte, durchaus aber fortgeschrittene und von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichende, verschleißbedingte Veränderungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule gesichert worden. Problematisch bei der Bewertung dieser zunächst nur in bildgebenden Befunden vorliegenden Erkrankungen erscheine, dass wiederholt durchgeführte neurologische Untersuchungen bis auf abgeschwächte oder erloschene Muskeleigenreflexe stets einen weitestgehend unauffälligen Befund ergeben hätten. Damit stützten sich die Angaben bezüglich einer hochgradigen Einschränkung des Gehvermögens und des Schmerzbildes - auch wie sie wiederholt in Befundberichten vorgetragen worden seien - ganz überwiegend auf die subjektiv geprägten Angaben des Klägers. Es müsse jedoch, wie bereits auch von Vorgutachtern nachdrücklich ausgeführt, von einer gesteigerten Schmerzwahrnehmung, Selbstbeobachtung und Überbewertung der Funktionseinschränkungen ausgegangen werden. Unter ausdrücklicher Mitberücksichtigung der subjektiv geprägten Angaben des Klägers sei die Beweglichkeit und Belastbarkeit des Rumpfes in allen Ebenen erheblich eingeschränkt. Die Einengung des zentralen Rückenmarkskanales könne die vorbeilaufenden Nervenfasern nachdrücklich in ihrer Funktion stören und zu deutlichen Einschränkungen des Gehvermögens führen. Eine Objektivierung des Umfanges dieser Einschränkungen gelinge jedoch durch einen direkten Vergleich mit der Ausprägung der knöchernen Veränderungen nicht. Im Bereich der Kniegelenke seien Knorpelschäden und auf einer Seite auch ein Meniskusriss beschrieben. Hier sei ebenfalls bei längerem Stehen, Bücken, bei einseitiger Belastung und beim Zurücklegen längerer Wegstrecken mit Schmerzen zu rechnen.
Es erscheine angemessen, für das Funktionssystem Rumpf eher den oberen Rand des Ermessensspielraums zu wählen und einen (soeben erreichten) Einzelgrad der Behinderung von 40 seit August 2012 vorzuschlagen. Da beide Kniegelenke von Veränderungen betroffen seien und an einem Gelenk zusätzlich ein Meniskusriss gesichert sei, erscheine es sinnvoll, hier die Mitte des Ermessensspielraums zu wählen und für die Veränderungen im Bereich beider Kniegelenke zusammenfassend einen Einzelgrad der Behinderung von 20 in Vorschlag zu bringen. Der Gutachter hat diesbezüglich folgende Grade der Behinderung vorgeschlagen:
Rumpf 40
Nervensystem und Psyche 30
untere Extremitäten 20
(Hör- und Gleichgewichtsorgan) ( 10
Herz-und Kreislauf 10
Harnorgane 10
Sehorgan 10
Der Kläger sei durch die Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule bei der Fortbewegung eingeschränkt. Hinzu träten Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, die möglicherweise auftretende Unsicherheiten bei der Fortbewegung durch Beschwerden an der Wirbelsäule schlechter kompensieren lassen würden. Eine Erhöhung des Einzelgrades der Behinderung von 40 für das Funktionssystem Rumpf um 10 sei daher angemessen. Der Gutachter schlug in Übereinstimmung mit dem Vorgutachter einen Gesamt-GdB von 60 vor. Er hielt aber die von diesem vorgenommene Erhöhung eines Einzelgrades der Behinderung von 30 durch einen weiteren Einzel-GdB von 30 auf 60 im Sinne einer Addition unter Berücksichtigung der Vorgaben der VersMedV für nicht statthaft. Da nach seiner Überzeugung der Einzel-GdB für das Funktionssystem Rumpf mit 40 höher zu bewerten sei und zusätzlich ein Einzel-GdB für das Funktionsystem "untere Extremitäten" Berücksichtigung finden sollte, komme er aber zu dem gleichen Gesamt-GdB.
Hinsichtlich der Gehfähigkeit kam der Gutachter zu der Einschätzung, dass die verschleißbedingten Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit ausgeprägter Einengung des Wirbelkanales auf Höhe des 4. und 5. Lendenwirbelkörpers sich nachteilig auf die Gehfähigkeit auswirkten. Hinzu träten verschleißbedingte Veränderungen im Bereich der Kniegelenke, die ebenfalls einen nachteiligen Einfluss auf die Gehfähigkeit hätten. Mit gewissen Einschränkungen könne ferner die Polyneuropathie erwähnt werden, welche bei den Betroffenen manchmal gewisse Unsicherheitsgefühle durch Taubheit oder Missempfindungen in den unteren Extremitäten auslöse. Allerdings sei die Voraussetzung, auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und&8239;/&8239;oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen, bei dem Kläger nicht erfüllt. Es lägen auch keine Beeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 vor, welche sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten.
Der Gutachter wies darauf hin, dass die Beschreibung einer hochgradig eingeschränkten Gehfähigkeit ganz überwiegend auf den subjektiv geprägten Angaben des Klägers beruhe. Die Muskulatur des unteren Rumpfes und der unteren Extremitäten sei völlig normal entwickelt. Der Kläger nutze zur Fortbewegung keine Hilfsmittel wie Unterarmgehstützen, einen Gehstock oder gar einen Rollator. Die kurzen Wegstrecken, welche innerhalb der Praxis zu beobachten gewesen seien, habe der Kläger mit einem weitgehend ungestörten Gangbild bewältigt. Zufällig habe die Möglichkeit bestanden, das Gangbild des Klägers auch außerhalb der Praxis über eine begrenzte Wegstrecke (maximal 100 m) zu beobachten. Auch dabei sei ein weitgehend ungestörtes Gangbild mit raumgreifenden Schritten und nahezu normalem Gehtempo zur Darstellung gekommen. Dies würde aber nicht ausschließen, dass nach einer längeren, nicht mehr zu beobachtenden Wegstrecke Beschwerden oder Erschöpfungen aufträten. Die Frage, welche Wegstrecke der Kläger zu Fuß ohne fremde Hilfe und ohne Pause zurücklegen kann, könne "stets nur spekulativ" beantwortet werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ungeachtet der objektivierbaren Einengung des Wirbelkanales konkrete neurologische Ausfallserscheinungen fehlten und das Gangbild des Klägers, so weit es zu beobachten gewesen sei, unauffällig erscheine, werde vermutet, dass der Kläger durchaus auch in der Lage sei, eine Wegstrecke von 400-500 m ohne längere Pausen zurückzulegen. Es erscheine daher realistisch, dass der Kläger eine derartige Wegstrecke in 10-15 Minuten zurücklege. Sollten sich dann Erschöpfungserscheinungen einstellen, sei zu erwarten, dass das Gangbild kleinschrittiger werde und die Schrittgeschwindigkeit absinke. Er werde wohl in der Lage sein, noch einmal eine derartige Wegstrecke bis zu einer weiteren Pause in vergleichbarer Zeit zurückzulegen. Bewiesen werden könne eine derartige Gehfähigkeit nicht, sie könne aber nach Überzeugung des Unterzeichners mit den vorliegenden Informationen auch "keinesfalls hinreichend plausibel" widerlegt werden. Der Gutachter äußerte "begründete Zweifel", dass der Kläger mit den festgestellten Behinderungen im Bereich der Wirbelsäule (und der Kniegelenke) in der Lage sei, ohne erhebliche Schwierigkeiten eine Wegstrecke bis zu 2000 m zu Fuß in etwa 30 Minuten zurückzulegen: Die vom Kläger geschilderten Symptome des Schwerwerdens der Beine und der Entwicklung von Taubheitsgefühlen in Verbindung mit Schmerzen im Bereich des Rumpfes seien keinesfalls untypisch für das Vorliegen einer höhergradigen Einengung des Wirbelkanales. Insofern erscheine es angemessen, ungeachtet der fehlenden Objektivierbarkeit des Auftretens derartiger Symptome davon auszugehen, dass auch der Kläger von derartigen Einschränkungen betroffen sei. Mit der Summe der objektivierbar vorliegenden Erkrankungen spreche nach Überzeugung des Gutachters zumindest deutlich mehr gegen die Annahme, dass der Kläger über die gesamte Wegstrecke ein derartiges Tempo durchhalten könnte, als dafür.
Grundsätzlich stimme er mit dem Gutachten von Dr. I überein. Dieser habe formuliert, dass am ehesten eine Kombination psychogener und somatischer Faktoren vorläge, die die Beschwerdeschilderung letztlich plausibel mache. Bezüglich dieser Überlegungen bestehe uneingeschränkte Übereinstimmung. Dr. W wies darauf hin, dass Dr. I keinesfalls die Auffassung vertreten habe, dass der Kläger mit hinreichender Sicherheit 2000 m binnen 30 Minuten zurücklegen könne.
Die Beklagte ließ dazu wiederum allein versorgungsärztlich Stellung nehmen: Es sei durchaus zutreffend, wenn der Gutachter die mit einem Einzel-GdB von 40 bewertete Wirbelsäulenerkrankung nicht in vollem Umfang nach Teil D Nr. 1b) VMG in Anrechnung bringen würde, weil keineswegs für sich betrachtet die Einschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule mit diesem Einzel-GdB zu bewerten sei. Der Gutachter habe weiter darauf hingewiesen, dass die Frage, welche Wegstrecke der Kläger zu Fuß zurücklegen könne, nur spekulativ beantwortet werden könne. Die Beklagte ist der Auffassung, dass nicht sie beweisen müsse, dass der Kläger noch 2 km in 30 Minuten zurückzulegen kann; es sei der Vollbeweis erforderlich. Auch nach dem nun vorliegenden Gutachten bestünden weiterhin ganz erhebliche und begründete Zweifel, ob die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" gegeben seien. Die Beklagte verweist auf Beobachtungen von Mitarbeitern der Stadtverwaltung Krefeld, die dem Kläger mehrfach im Innenstadtbereich beobachtet hätten, wie er einen Rucksack tragend Einkäufe erledigte und sich ohne Hilfsmittel zu Fuß über erhebliche Strecken fortbewegt habe. Der Kläger wendet dagegen ein, dass die angeblich beobachtete Gehfähigkeit weder konkret noch überprüfbar sei. Es werde nicht mitgeteilt, welche Mitarbeiter ihn wo und wann beobachtet hätten und was diese Mitarbeiter unter einer erheblichen Gehstrecke verstehen würden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 27.9.2018 einen aktuellen Röntgenbefund zu den Akten gereicht, zu welchem der Gutachter mit Schreiben vom 16.10.2018 ergänzend Stellung genommen hat. Eine andere gutachterliche Einschätzung ergab sich daraus nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.5.2016 abzuändern und die Klage, soweit der Merkzeichen G begehrt wird, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Bescheid vom 17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 ist - in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.3.2017 - rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung der Voraussetzungen des von ihm begehrten Merkzeichens "G".
1) Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" ist §§ 228 Abs. 1 Satz 1, 229 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 152 Abs. 1 und 4 SGB IX. Gemäß § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr im Sinne des § 229 Abs. 1 SGB IX. Nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Das Gesetz fordert in § 228 Abs. 1 Satz 1, § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB IX: Ursache der beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit muss eine Behinderung des schwerbehinderten Menschen sein und diese Behinderung muss sein Gehvermögen einschränken (sog. "doppelte Kausalität", BSG, 11.8.2015 - B 9 SB 1/14 R -, Rn. 14&8239;f., juris). Die nähere Präzisierung des Personenkreises schwerbehinderter Menschen mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ergibt sich aus dem in § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX idF. bis zum 14.01.2015 in Bezug genommenen versorgungsrechtlichen Bewertungssystem, der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 (VersMedV, BGBl I 2412) sowie insbesondere den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) gemäß der Anlage zu § 2 der VersMedV. Zwischenzeitlichen Bedenken an der Ermächtigung des Verordnungsgebers hat der Gesetzgeber durch Schaffung einer nunmehr eigenständig in § 153 Abs. 2 SGB IX angesiedelten Ermächtigungsgrundlage Rechnung getragen. Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung verbleibt es indes bei der bisherigen Rechtslage (vgl. § 241 Abs. 5 SGB IX; zur wortgleichen Vorgängervorschrift BT-Drucks. 18/2953 und 18/3190, S. 5).
a) Bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - dh. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden (Teil D Nr. 1 Buchst. b Satz 2 VMG). Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (Teil D Nr. 1 Buchst. b Satz 3, 4 VMG). Nähere Umschreibungen für einzelne Krankheitsbilder und Behinderungen enthalten darüber hinaus Teil D Nr. 1 Buchst. d, e und f VMG.
aa) Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind danach u.a. als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und&8239;/&8239;oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen (Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 1 VMG).
Dies ist nicht der Fall. Die Sachverständigen sehen zwar für die unteren Extremitäten einen GdB von 20 bzw. 30 und für das Funktionssystem Rumpf einen Einzel-GdB von 30 bzw. 40; dies bezieht sich aber nicht in voller Höhe auf die Lendenwirbelsäule. Zudem wirken sich diese nicht in voller Höhe auf die Gehfähigkeit aus. Die Voraussetzungen dieses Regelbeispiels liegen daher nicht vor.
bb) Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken (Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 2 VMG). Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen (Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 3 VMG), die ebenfalls mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten sind. Besonderheiten gelten für hirnorganische Anfälle (Teil D Nr. 1 Buchst. e VMG) und Orientierungsstörungen infolge von Sehstörungen, Hörstörungen oder geistiger Behinderung (Teil D Nr. 1 Buchst. f VMG), die grundsätzlich nur ab einem Behinderungsgrad von wenigstens 70 Merkzeichenrelevanz entfalten.
Auch die Voraussetzungen dieser Regelbeispiele liegen bei dem Kläger nicht vor, Einschränkungen, welche mit einem GdB in dem genannten Maße zu bewerten sind, werden von beiden Gutachtern nicht gesehen. Dies hält der Senat - in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht - für überzeugend.
cc) Anspruch auf den Nachteilsausgleich "G" hat über die genannten Regelbeispiele hinausgehend auch der schwerbehinderte Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion und die zumutbare Wegstrecke dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis gleichzustellen ist. Teil D Nr. 1 VMG enthält keine abschließende Listung in Betracht kommender Behinderungen aus dem Formenkreis einzelner medizinischer Fachrichtungen, sondern erfasst etwa auch psychische Behinderungen (zu in Teil D Nr. 1 Buchst. d VMG nicht genannten psychischen Erkrankungen: BSG, 11.8.2015 - B 9 SB 1/14 R -, Rn. 19 ff., juris).
Nach Auffassung des Senates sprechen gute Gründe dafür, dass Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 2 VMG nicht so zu verstehen ist, dass er für die dort genannten Einschränkung "Behinderung an den unteren Gliedmaßen" abschließend ist. Im Wortlaut von Satz 2 ("können [ ] mit einem GdB unter 50") erfolgt eine Begrenzung auf einen mindestens erforderlichen GdB nicht; zudem ist die Aufzählung lediglich beispielhaft ("z.B."; siehe dazu auch BSG, 24.4.2008 - B 9/9a SB 7/06 R - Rn. 15, juris). Die von den Gutachtern festgestellten Einschränkungen müssen aber vergleichbar mit den genannten Regelbeispielen sein (als Beispiel für eine gegebene Vergleichbarkeit siehe Schleswig-Holsteinisches LSG, 9.12.2014 - L 2 SB 15/13 -, Rn. 27, juris; Prüfung der Vergleichbarkeit auch bei LSG Berlin-Brandenburg, 16.10.2014 - L 11 SB 255/13 -, Rn. 35 f., juris, dort aber Vergleichbarkeit verneint). Die Begründungslast für die Vergleichbarkeit steigt nach Überzeugung des Senates, je weiter die gutachterlich festgestellten GdB von den Regelbeispielen entfernt sind. Dafür spricht die Entscheidung BSG, 11.8.2015 - B 9 SB 1/14 R -, Rn. 21, juris: "Den nicht erwähnten Behinderungen sind die Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab zur Seite zu stellen." Für eine derartige Vergleichbarkeit trägt der Kläger die materielle (objektive) Beweislast, eine solche Vergleichbarkeit konnte er zur Überzeugung des Senates nicht darlegen.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger in seiner Gehfähigkeit in einem großen Maße eingeschränkt ist, dies bestätigten auch die Gutachter. Beide Gutachter beschreiben zwar ein nahezu uneingeschränktes Gangbild, allerdings beschränkt auf kürzere Strecken. Dr. I beschreibt eine Einschränkung durch Schmerzen in vielerlei Hinsicht, eine Fortbewegung über eine deutlich größere Distanz als vom Kläger wahrgenommen - 300 Meter - sei aber möglich. Die positive Aussage, das Zurücklegen einer Strecke von 2 km in einer halben Stunde sei möglich, trifft Dr. I nicht; die Auslegung, was eine ortsübliche Wegstrecke ist, überlässt er vielmehr dem Gericht. Dr. W äußert begründete Zweifel, dass der Kläger mit den festgestellten Behinderungen im Bereich der Wirbelsäule (und der Kniegelenke) in der Lage sei, ohne erhebliche Schwierigkeiten eine Wegstrecke bis zu 2000 m zu Fuß in etwa 30 Minuten zurückzulegen. Auch er sieht keine Beeinträchtigungen auf kürzeren Strecken, beschreibt aber auch, dass die sich nach längerem Gehen zeigenden Symptome des Schwerwerdens der Beine und der Entwicklung von Taubheitsgefühlen in Verbindung mit Schmerzen im Bereich des Rumpfes keinesfalls untypisch für das Vorliegen einer höhergradigen Einengung des Wirbelkanales seien. Mit der Summe der objektivierbar vorliegenden Erkrankungen spreche nach seiner Überzeugung zumindest deutlich mehr gegen die Annahme, dass der Kläger über die gesamte Wegstrecke ein derartiges Tempo durchhalten könnte, als dafür.
Dies genügt allerdings (noch) nicht, damit der Kläger den ihm obliegenden Beweis der Vergleichbarkeit seiner Geheinschränkungen - im Sinne der vollen richterlichen Überzeugungsbildung - führen kann. Erforderlich, aber auch ausreichend ist für die Beweisführung, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (BSG, 28.6.2000 - B 9 VG 3/99 R -, Rn. 11, juris, m.w.N.).
Diese Zweifel sind durch die Gutachter nicht in dem hier - wegen des Fehlens der Voraussetzungen der Regelbeispiele - erforderlichen deutlichen Maße ausgeräumt. Weder die Gutachter noch die behandelnden Ärzte treffen die für den Kläger günstige Festlegung, er sei nicht mehr in der Lage, eine Wegstrecke bis zu 2000 m zu Fuß in etwa 30 Minuten zurückzulegen. Darüber hinaus beschreiben die Gutachter auch nicht, dass und inwiefern sich die bei dem Kläger vorliegenden Einschränkungen an Rumpf, Nervensystem und Psyche sowie unteren Extremitäten ebenso - im Sinne von vergleichbar - auswirken, wie die in Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 2 VMG genannten Beispiele, wie etwa eine Versteifung des Hüftgelenkes. Zwar führt Dr. W aus, es spreche deutlich mehr gegen die Annahme, dass der Kläger eine Wegstrecke bis zu 2000 m zu Fuß in etwa 30 Minuten zurücklegen könne, als dafür. Eine Vergleichbarkeit mit den in Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 2 VMG genannten Beispielen wird aber auch dort nicht beschrieben.
c) Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Hinweis der Beklagten, der Kläger sei auf gewissen Strecken in der Innenstadt von Mitarbeitern der Beklagten beobachtet worden, ungeeignet - und im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, insbesondere eines Berufungsverfahrens - unangemessen ist. Ein Gehtest mit einer Messung von Zeit und Strecke, darüber hinaus wiederholt ausgeführt, um Tagesformschwankungen auszugleichen, ist in dieser wenig substantiierten Behauptung nicht zu sehen; als Behörde ist die Beklagte zur Objektivität verpflichtet (siehe etwa §§ 20 Abs. 2, 21 SGB X).
d) Die Voraussetzungen für eine Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" konnte der Kläger nicht beweisen. Der Bescheid der Beklagten vom 17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 hat daher rechtmäßig diese Feststellung abgelehnt. Das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.5.2016 war somit abzuändern und die Klage - insoweit - abzuweisen.
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Beklagte unmittelbar nach Vorlage des Gutachtens von Dr. I, welcher die Voraussetzungen für einen höheren Gesamtgrad der Behinderung für gegeben sah, ein entsprechendes Anerkenntnis abgegeben hat.
3) Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).